Digitales zum gesund werden

Apps auf Rezept

Digitales zum gesund werden

von Conny Dollbaum-Paulsen

Ich benutze Apps. Du wahrscheinlich auch. Ich buche damit Fahrkarten, kaufe Bücher, höre Podcasts oder lausche meiner Lieblings-Musik. Manche kosten was, andere nicht. Und ich habe auch schon Apps benutzt, die im weitesten Sinne etwas mit Gesundheit zu tun hatten.

App auf Rezept - Digitale Gesundheitsanwendungen

Apps sparen Zeit und Geld. Ob das gesund ist, hängt von vielen Dingen ab.

Kosten und Zeit zu sparen ist im Gesundheitssystem ein wesentlicher Faktor – wer chronisch erkrankt oder beispielsweise mit Depression zu kämpfen hat, braucht Unterstützung. Sofort. Nun sind die Wartelisten lang, da macht es Sinn, digitale Hilfsmittel einzusetzen.

Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte hat eine Liste aller erstattungsfähigen sog. DiGas, also digitaler Gesundheitsanwendungen, veröffentlicht. Dort können sich Betroffene, Therapeut:innen und App-Hersteller:innen informieren, ob es für das jeweilige Krankheitsbild bereits eine digitale Unterstützung gibt. Insgesamt sind, Stand 23. April 2024, dreiundsechzig DiGas gelistet.

Ich gebe „Depression“ als Suchwort ein und erhalte 9 Vorschläge:
https://diga.bfarm.de/de/verzeichnis?search=depression.

Die erste App, deprexis, ist bei leichter bis schwerer Depression angezeigt, in den weiteren Infos lese ich „Die vorgelegten klinischen Studien haben gezeigt, dass die Anwendung von deprexis die Symptome einer Depression in Ergänzung zu einer sonst üblichen Behandlung (zum Beispiel beim Haus-, Facharzt oder Psychotherapeuten) wirksam reduzieren kann.“

Die App kann also als Ersatz für Psychotherapie, der „sonst üblichen Behandlung“ eingesetzt werden. Das Smartphone soll den zuhörenden, zugewandten, bindungsfähigen Menschen-Therapeuten ersetzen. Kann das gutgehen? Vermutlich ist es besser als nichts, aber ich lese die Informationen mit mulmigem Gefühl. Und stöbere weiter.

So gibt es auch eine App zur Behandlung des Reizdarm-Syndroms, die, wie ich verwundert lese, der alleinigen Behandlung dient. In der Beschreibung zur Anwendung heißt es: „Cara Care für Reizdarm ist eine digitale Gesundheitsanwendung zur Therapie des Reizdarmsyndroms. Die Anwendung dient primär zur Symptomreduktion funktioneller gastrointestinaler Beschwerden. Sekundär sollen krankheitsbezogene Lebensqualität und Gesundheitskompetenz gesteigert, Ängstlichkeit und Depressivität gelindert sowie krankheitsbezogene Arbeits- und Aktivitätseinschränkungen verbessert werden.“

Ob das ein guter Weg ist? Ich würde sagen: Ausprobieren, unbedingt ausprobieren. Da es ein Rezept braucht, um die App nutzen zu können, muss vorher ein ärztliches Gespräch erfolgen – was ein nicht zu unterschätzendes „Hindernis“ auf dem Weg zur App-gestützten-Gesundung sein kann.

Alle Apps, die vom Institut gelistet sind, basieren auf aktueller wissenschaftlicher Forschung in den jeweiligen Fachbereichen, meistens sind sie interdisziplinär entwickelt, so dass zumindest körperliche und psychische Faktoren, oft auch soziale Faktoren mit berücksichtigt werden.

Dazu heißt es auf der Website: „Mit dem Fast-Track-Verfahren zur Aufnahme von DiGA in das Verzeichnis des BfArM wurde erstmals ein umfassendes Anforderungsprofil für DiGA in der Gesundheitsversorgung definiert. Hierbei prüft das BfArM innerhalb von drei Monaten die Angaben des Herstellers u.a. zu Sicherheit, Leistung, Datenschutz, medizinischer Qualität und Interoperabilität der DiGA sowie die wissenschaftlichen Nachweise zu ihrem positiven Versorgungseffekt.“

Selbstwirksam und selbstverantwortlich gesund werden

Die Apps sind ziemlich sicher hilfreich, wenn wir neue, gesunde Gewohnheiten entwickeln wollen. Es ist ja, wie wir alle wissen, richtig schwer bis unmöglich, sich bestimmte Dinge abzugewöhnen, die schaden – zu viel zu arbeiten, zu wenig zu schlafen, zu viel oder zu wenig zu essen und so weiter. Noch schwerer ist es oft, neue, heilsame Routinen zu entwickeln – also regelmäßiger und gesünder zu essen, öfter zu entspannen, Bewegung in den Alltag einzubauen. Apps können uns dabei unterstützen, wenn wir uns Impulse geben lassen wollen. Denn oft vergessen wir einfach, das wir etwas anders machen wollten, oder?

Apps schaffen Bewusstsein für meine Ressourcen, Apps können helfen, selbstwirksamer zu handeln. Das ist richtig gut. Aber kein Ersatz für persönliche Begleitung und Unterstützung, die viel Zeit und Geld kostet.

Vielleicht magst Du schauen, ob Du eine App findest, die zu Deinem Thema passt. Und besprich das dann mit einer Ärzt:in, oder einer anderen Behandler:in Deines Vertrauens. Vielleicht ist genau die App dabei, die Dich gerade dabei unterstützen kann, gesünder zu werden.

Gutes Gelingen!

Infos & Links

Das DiGa-Verzeichnis findest Du hier: https://diga.bfarm.de/de/verzeichnis

Natürlich gibt es Millionen Gesundheits-Apps in den App-Stores, vor allem Fitness-Apps sind beliebt und viel benutzt. Die meisten haben einen dicken fetten Haken: sie ssammeln Daten bzw. gehen mit diesen nicht so um, wie wir als User:innen es uns wünschen. Es ist also maximale Vorsicht geboten, bevor Du Dir eine App lädst.

Die Verbraucherzentrale hat eine gut recherchierte Seite zu Gesundheits-Apps, auf der Du Dich informieren kannst:
verbraucherzentrale.de/wissen/gesundheit-pflege/aerzte-und-kliniken/gesundheitsapps-medizinische-anwendungen-auf-rezept-41241

Hier findest Du eine Empfehlung von Utopia zu Ernährungs-Apps:
utopia.de/ratgeber/planeatary-diese-app-hilft-dir-gesund-und-nachhaltig-zu-essen

Erfahrungsbericht Achtsamkeits-App

Entspannung per App

Ich habe vor einigen Jahren 7Mind ausprobiert – eine App, die an der Uni in Witten Herdecke im Rahmen eines Studienprojektes zu Achtsamkeitstraining entwickelt wurde. Die App war und ist in der Basisversion kostenlos, alle Inhalte drehen sich um Stressbewältigung durch Achtsamkeit, auch als MBSR-Training bekannt. Ich habe sie ungefähr 4 Wochen benutzt, dann die Erinnerungen abgestellt und irgendwann alles gelöscht. Kennst Du das?

Die selbst App ist in gewisser Weise dumm, sie spult ein Programm ab, in diesem Fall eines, das auf höchstem wissenschaftlichen Niveau konzipiert wurde.

Eine App ist eine technische und damit zutiefst unlebendige Anwendung, eine Maschine, die ganz bestimmte Dinge kann. Die meisten davon haben mit dem, was Menschen als komplexe Wesen ausmacht, nichts zu tun. Ob die Benutzung einer App mir guttun oder gar schaden kann, wird standardmäßig nicht erfasst. Im Hintergrund sitzt leider kein freundlicher Mensch am Telefon und hört zu, wenn bei der Benutzung menschliche Fragen, Sorgen, Ängste auftauchen – die technischen werden natürlich umfassend per FAQ gelöst. I

Ich hatte irgendwann keine Lust mehr, dauernd innezuhalten - leider gab es niemanden, mit dem ich darüber hätte sprechen können. So war das bei mir. Vielleicht lag es bei mir auch daran, dass ich bereits eine stabile Meditations-Praxis etabliert hatte und die zusätzlichen Impulse einfach nicht brauchte.

Vielleicht ist es bei Dir anders - möge die Übung gelingen.

https://www.7mind.de/

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